An einem Sonntagabend im September versammelte sich eine kleine Gruppe, um Amal Khayat zuzuhören, einer Doktorandin der Hebräischen Universität aus Ostjerusalem, die ihr Leben dem Brückenbau widmet und mit jungen palästinensischen Frauen zusammenarbeitet, damit sie gläserne Decken durchbrechen und ihre Träume verfolgen können.
Amal Khayat (35) ist in Ostjerusalem geboren und aufgewachsen. Bis zu ihrem 25. Lebensjahr hatte sie keinen israelischen Bürger getroffen, der nicht Soldat, Polizist oder Gefängniswärter war. Als sie die High School abschloss, war eine Ausbildung auf israelischer Seite in ihrer Gemeinschaft nicht akzeptabel, und als religiöse Muslimin war ihre Zukunft ungewiss. Sie entschied sich für ein Studium der Pharmakologie an der Al-Quds-Universität im Westjordanland. Nach Abschluss ihres Grundstudiums und trotz des Widerstands einiger ihrer Familienmitglieder beschloss sie, sich für ein Zweitstudium an der Hebräischen Universität Jerusalem einzuschreiben. An der HUJ begegnete sie Studenten von der «anderen Seite» und begann, die Geschichte, mit der sie aufgewachsen war, durch lebensverändernde Begegnungen zu dekonstruieren aber auch zu rekonstruieren.
Während ihres Studiums hat sich ihr Leben verändert. Amal ist derzeit Doktorandin an der Braun School of Public Health and Community Medicine an der Hebräischen Universität und dem Hadassah Medical Center. Sie hat einen MA in Glocal’s Community Development Studies und einen MSc in International Master of Public Health (IMPH), beide von der Hebräischen Universität. Vor kurzem wurde sie mit dem Hadassah-Stipendium für herausragende und sozial engagierte Doktoranden ausgezeichnet, und im kommenden Semester wird sie als Junior-Fakultätsmitglied internationale Studenten an der Hebräischen Universität unterrichten.
«Ich hätte nie gedacht, dass ich an der Hebräischen Universität studieren könnte. Ich wurde in ein erstaunliches Programm aufgenommen und erhielt ein Stipendium, und das hat mein Leben verändert, sowohl beruflich als auch persönlich. Die Möglichkeit, mit israelisch-jüdischen Studenten zu studieren, die vielfältige und unterschiedliche Meinungen haben, und mit internationalen Studenten, die uns alle daran erinnern, dass eine ganze Welt voller Schmerz und Magie ausserhalb unserer Blase existiert, hat mir in vielerlei Hinsicht die Augen geöffnet. Es hat meinen Horizont erweitert und meine Sichtweise auf diejenigen verändert, die als mein Feind gelten. Die Professoren, die mich unterrichteten, hatten einen enormen Einfluss auf mein Leben und machten mich zu einem besseren Menschen. Bis heute geben sie mir die Hoffnung, dass ich neue Höhen erreichen kann, und die Hoffnung, dass wir eine gemeinsame Zukunft aufbauen können».
«Die Hebräische Universität ist der Ort, der dir Türen öffnet, der Ort, an dem du eine erstklassige Ausbildung erhältst, und der Ort, der dich willkommen heisst und dir sagt, dass du hier einen Platz hast, den du dein eigen nennen kannst. Hier gehörst du hin. Ich habe meiner jüngeren Schwester gesagt, sie solle nur die Hebräische Universität besuchen, es gäbe keine andere akzeptable Option. Sie nahm sich ein Jahr Zeit, um Hebräisch zu lernen und für den psychometrischen Test zu lernen, wurde angenommen, und ich half ihr mit Studiengebühren. Sie schloss ihren Bachelor in zwei Studiengängen ab. Internationale Beziehungen und Soziologie und Anthropologie, und jetzt macht sie einen Master in Soziologie, und ich bin sehr stolz auf den Mensch, der sie geworden ist».
Amal ist auch Stipendiatin des George Pinto Jerusalem Leadership Programme der Jerusalem Foundation. Das von ihr geleitete Projekt zielt auf die Verbesserung der Sozialfürsorgedienste in Ostjerusalem ab, die von qualifizierten Sozialarbeitern aus Ostjerusalem selbst erbracht werden sollen, und zwar in Zusammenarbeit mit der Jerusalem Foundation, der Stadtverwaltung von Jerusalem und der Paul Baerwald School of Social Work and Social Welfare an der Hebräischen Universität.
«Stereotypen können durchbrochen werden, und wenn man mit einem offenen Geist an die Sache herangeht, kann man überrascht sein, was auf der anderen Seite liegt», sagt sie. Ausserdem engagiert sie sich als Freiwillige in Ostjerusalem, wo sie Frauen, ältere Menschen und Studenten, die akademische Hilfe benötigen, unterstützt. Seit 2016 ist sie Stipendiatin von Solutions Not Sides, einer Organisation, die sich dafür einsetzt, britische Studenten über den israelisch-palästinensischen Konflikt aufzuklären, Stereotypen zu durchbrechen und Hoffnung zu geben, indem sie ihre Geschichten erzählt.
Amal ist die palästinensische Koordinatorin von Solutions Not Sides. Ihre fesselnde Geschichte zu hören, war wirklich inspirierend und augenöffnend. Wir möchten Amal dafür danken, dass sie ihre Geschichte mit uns geteilt hat, und wünschen ihr alles Gute auf ihrem inspirierenden Weg.